Quelle |
ECO-News - Die grüne Presseagentur |
Art |
Artikel Zeitung/Magazin |
Rubrik |
Land- und Gartenbau |
Datum |
11.10.1999 |
Partner |
Biopress Verlag bioFach-Magazin, D-74927 Eschelbronn |
Öko-Fleisch- und WurstwarenEine Perspektive für fleischverarbeitende Unternehmen?
Die Marktsituation von Öko-Fleisch ist nach wie vor im Verhältnis zu den anderenMarktsegmenten der Öko-Branche ein unterentwickeltes Gebiet. Als typische Vermarktungswege bieten sich die Direktvermarktung, Vermarktungsgemeinschaften, der Naturkosthandel oder auch dieVermarktung über Supermärkte. Leider ist die Vermarktung von Öko-Fleischerzeugnissen über handwerkliche Metzgereien bisher im Gegensatz zur Vermarktung von anderen Öko-Produkten wie zum Beispiel Öko-Backwaren von Bäckereien von einer schleppenden Entwicklung geprägt.
Die Metzger könnten eigentlich die natürlichen Partner des Öko-Landbaus sein; Offensichtlich gibt es jedoch strukturelle und inhaltliche Problemfelder, die bisher eine solche Intensität der Kooperation verhindern. Dahingehend hat die Direktvermarktung im Bereich von Fleisch und Fleischerzeugnissen nach wie vor eine dominierende Position. Verschiedene Versuche von einschlägigen Handelsketten wie zum Beispiel edeka in Baden Württemberg, der tegut-Kette in Fulda und der Rewe-Handelsgesellschaft zeigen dagegen eine Entwicklung für den konventionellen Lebensmitteleinzelhandel, die durchaus zukunftsträchtig ist. Grundsätzlich benötigt jedoch jeder, der Öko-Fleisch- und Wurstwaren vermarkten will, einen langen Atem. Das Preisgefüge im Öko-Landbau stellt sich wie folgt dar: Erzeugerpreise sind andie Erzeugerpreise des konventionellen Marktes gebunden. Leider mußten demzufolge auch die Öko-Erzeuger in den letzten Jahren deutliche Einbußen hinnehmen, da der Fleischmarkt bekanntermaßen insgesamt unter preislichen Druck geraten ist. Lediglich die Preise für Öko-Schweinefleisch sind etwas stabiler als im konventionellen Markt. Die Verkaufspreise für Öko-Erzeugnisse schwanken zum Teil enorm. Preisschwankungen sind bedingt durch regionale Preisbildungszusammenhänge und natürlich durch die spezifischen Vermarktungsstrukturen, die teilweise zu deutlich höheren Preisen als im konventionellen Bereich führen. Die angeführte Tabelle gibt anhand des Endverbraucherpreisvergleichs für typische Öko-Fleisch und Öko-Wurstwaren in verschiedenen Regionen einen Eindruck dieser Situation. Es wird besonders deutlich, wie groß die Preisschwankungen regional sind und wie unterschiedlich sich die Preisakzeptanz in den verschiedenen Regionen im Lebensmittelbereich darstellt. Insgesamt hat der Bio-Lebensmittelmarkt äußerst positive Aussichten. Wie eine Studie des internationalen Trade-Centers aus Genf wiedergibt, zeigen sich enorme Wachstumschancen in allen europäischen Ländern. Der Tabelle des World-Trade-Centers sind die entsprechenden Detaildatenzu entnehmen. Jährliche Wachstumsraten von fünf bis 25 Prozent werden vorausgesagt. Der Fleischbereich wird keineswegs ausgenommen sein von dieser Entwicklung und hier über kurz oder lang entsprechend mitziehen. Vor diesem Hintergrund kann der Einstieg in die Öko-Metzgerei bei richtiger Planung erfolgbringend umgesetzt werden. Dem sollten verschiedene Überlegungen vorausgehen, die im Zusammenhang mit der zukünftigen Umstellung des Betriebes von Bedeutung sind. Die detailierte Kenntnis des zu bedienenden Marktes ist unabdingbar. Weiterhin sind die Motivation von Geschäftsleitung und Personal ausschlaggebendeAspekte für eine erfolgreiche Einführung von Öko-Produkten. Entscheidet sich die Betriebsleitung auf der Grundlage kurzfristiger ökonomischer Ziele, sind die Bemühungen zum Scheitern verurteilt. Man braucht einen langen Atem. Sicherlich eine nicht minder wichtige Entscheidung betrifft die Frage, ob das gesamte oder nur ein Teilsortiment in Öko-Qualität angeboten werden soll. Im Fallebereits etablierter Metzgereien ist es sicherlich ratsam, zunächst mit einem Teilsortiment zu beginnen: Eine teilweise Einführung von Öko-Erzeugnissen kann der treuen Kundschaft besonders im Hinblick auf die Preisverhältnisse von Öko-Fleischwaren besser vermittelt werden. Dafür ist jedoch eine fachliche Schulung sowohl des Metzgerei- als auch des Verkaufspersonals von entscheidender Bedeutung. In diesem Zusammenhang kann die Zusammenarbeit mit einem der etablierten Öko-Anbauverbände durch die fachliche Beratung und vermarktungstechnische Unterstützung der Metzgerei durchaus vorteilhaft sein. Eine Nutzung der bekannten Verbands-Logos bedeutet für die Kunden eine zusätzliche Sicherheit über die Herstellung der Fleischprodukte nach den Vorgaben der Öko-Verbände. Weiterhin läßt sich durch den Bekanntheitsgrad der Zeichen eine positive Wirkung am Markt erzielen. Hat man genug Kenntnisse und ist stark genug, eine neue Produktlinie eigenständig zu entwickeln und entsprechend zu bewerben, kann durchaus auch der Alleingang gewagt werden. Je nach Betriebsform ergeben sich für die Vermarktung der hergestellten Öko-Fleischerzeugnisse neue Möglichkeiten: Über den Rahmen des Eigenverkaufs hinaus können durch die Zusammenarbeit mit Erzeugergemeinschaften, durch Kontakte zu regionalen Gastronomiebetrieben oder aber auch über Großhändler und ansässige Einzelhandelsunternehmen neue Vertriebswege entwickelt werden. Mit Bezug auf die Verarbeitungsrichtlinie ist insgesamt eine hohe Akzeptanz der AGÖL/BNN-Rahmenrichtlinien Verarbeitung für Fleisch- und Wurstwaren bei allen Marktpartnern, sowohl der verbandsgebundenen Verarbeiter als auch der verbandsunabhängig arbeitenden Betriebe, zu beobachten. Lediglich der Aspekt des Einsatzes beziehungsweise Nichteinsatzes von Nitrit-Pökelsalz wird seit einigen Jahren diskutiert. Anfang Juli 1999 hat sich nach langem Ringen die AGÖLMitgliederversammlung für die Zulassung von Nitrit-Pökelsalz in den Rahmenrichtlinien entschlossen. Einige Anbauverbände wie Bioland, Demeter und GÄA lehnen jedoch auch weiterhin den Einsatz von Nitrit ab. Eckpunkte der Diskussion sind einerseits das Wissen um die toxikologische Relevanz des Zusatzstoffes Nitrit und andererseits das Problem der Kundenakzeptanz, beziehungsweise der hohe Erklärungsbedarf für nicht umgerötete Waren. Ansonsten gibt es einige Herausforderungen, auf die sich ein Verarbeiter von Öko-Fleisch- und Wurstwaren einstellen muß, wenn er mit diesem Marktsegment beginnt:
Leider machen die bisherigen Entwürfe zur EG-Bio-Verordnung noch keine detaillierten Vorschläge zur Ausgestaltung des Anhang VI der Verordnung. Anhang VI regelt insbesondere die zugelassenen Zusatzstoffe und technischen Hilfsstoffe. Auch hier ist wieder die Frage danach,ob Nitrit zugelassen wird oder nicht, das Zünglein an der Waage. Bisher beinhaltet der Anhang VI Nitrit nicht. Jedoch ist nicht zuletzt aufgrund der Entscheidung der AGÖL für Nitrit, die im übrigen mit vielen anderen europäischen Organisationen des Öko-Landbaus übereinstimmt, zu erwarten, daß Nitrit zugelassen wird. Da jedoch bisher der Anhang VI noch nicht im Hinblick auf tierische Produkte diskutiert wurde, stellt sich im Moment die Frage, wie nach der in Kürze erwarteten Verabschiedung der Ergänzung zur tierischen Produktion der EU-Bio-VO die Rechtsauffassung aussieht.Gilt der jetzige Anhang VI, ist Nitrit nicht zugelassen! Wird von Brüssel die Wirkung des Anhang VI für tierische Verarbeitungsprodukte zunächst ausgesetzt, mit dem Ziel einer späteren Verabschiedung, dann wird zunächst die Rechtsunsicherheit für die Verarbeitung fortgeschrieben. Schaut man insgesamt auf einen Vergleich der ökologischen Erzeugungs- und Verarbeitungsrichtlinien der AGÖL zur EG-BioVerordnung 2092/91, ergeben sich doch gravierende Unterschiede: Dieser Sachverhalt legt nicht zuletzt nahe, daß auch weiterhin eine Differenzierung derQualitäten hier vorgesehen und etabliert werden kann. Die nachstehende Übersichtsoll den jeweiligen Regelungsbereich nach Art und Tiefe differenziert kurz darstellen. Für die Verarbeitung wird hierbei deutlich, das die AGÖL/BNN-Verarbeitungsrichtlinien sehr viel detailgenauer zu regeln bereit sind als dies in der EG-Bio-Verordnung bisher der Fall ist. Es ist nicht anzunehmen, daß für den Bereich der tierischen Verarbeitung in der EU-Bio-Verordnung strengere Regelungen vorgesehen werden. Es ist auch nicht zu erwarten,daß in den Kategorien einzelne Regelungstiefen deutlich konturiert werden. Die Entscheidung der CMA und der AGÖL, das ÖPZ für Deutschland auf der Grundlage der AGÖL/BNN-Rahmenrichtlinien zu etablieren, gibt ein deutliches Signal in die Richtung, daß hier eine Marktdifferenzierung auch unter den Öko-Produktendurchaus denkbar und erwünscht ist. Im Bereich der Verarbeitung von ökologischen Fleischwaren gibt es im Moment zweiwichtige Entwicklungssprünge:
Ersteres wird deutliche Akzente in Richtung Marktentwicklung setzen, zweiteres könnte endlich zu mehr Rechtsklarheit in bezug auf die Verwendung des Begriffes "BIO" bei Fleisch- und Wurstwaren bringen. Beides zusammengenommen gibt vielleicht die entscheidenden Impulse für eine nachhaltige Entwicklung dieses Marktsegmentes. |
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